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Kleingartenanlagen in avifaunistisch sensiblen Gebieten - ein Widerspruch ?

Am Beispiel des Niederlehmer Werders wird gezeigt, daß der Interessenkonflikt durch die Aufwertung der Randgebiete entschärft werden kann. Die 10jährige Entwicklung der Vogelwelt habe ich auf der Jahrestagung 1998 der Deutschen Ornithologischen Gesellschaft als Poster vorgestellt und möchte sie hiermit der interessierten Öffentlichkeit zur Diskussion stellen. Die Ergebnisse wurden um die Daten 1999 bis 2004 ergänzt. Seit 2001 brütet alljährlich der Eisvogel auf dem Niederlehmer Werder. Wir haben dabei etwas nachgeholfen. Ich berichte darüber auf meiner Eisvogelseite. Zusammenfassung (Stand 1998)

10 Jahre nach der Parzellierung einer landwirtschaftlich extensiv genutzten Fläche mit eingestreuten Feuchtbiotopen auf dem Niederlehmer Werder südöstlich von Berlin wird Bilanz gezogen. Zwischen Gewässerrand und Wald entstanden 922 Parzellen und damit zugleich ein Konfliktpotential. Die Autorin ist selbst Pächterin und hat die Entwicklung der Avifauna auf dem Niederlehmer Werder von Anfang an aufgezeichnet. Die beteiligten 7 Vorstände des 61,5 ha großen Pachtlandes konnten für aktive Maßnahmen zum dauerhaften Biotop- und Artenschutz als Teil der Bestandssicherung ihrer Vereine gewonnen werden. Bewährt hat sich die gezielte Lenkung der Freizeitaktivitäten. So war die Errichtung einer Gemeinschaftssteganlage mit der Beruhigung großer Teile der ca. 2 km langen Uferlinie verbunden. Reisigbarrieren und Hinweisschilder sind ein Teil des Konzeptes, welches den Fortbestand seltener Vogelarten wie der Beutelmeise und des Drosselrohrsänger begünstigt hat. Die Revierzahlen von Teich- und Sumpfrohrsänger sind angewachsen, wobei außer dem Uferbereich nicht parzellierte Feuchtgebiete im Inneren der Anlage besetzt werden. Der Sumpfrohrsänger profitiert offenbar von Brennesselflächen, an dessen Entstehung bzw. Vergrößerung einige Kleingärtner durch Entsorgung ihres Rasenschnitts unbeabsichtigt beteiligt sind. Erfreulich ist die starke Zunahme der Revierzahlen bei der Gartengrasmücke (von 1 auf 23), Gelbspötter (von 1 auf 11) und Nachtigall (von 2 auf 13) die in den Gärten ein erweitertes Nahrungsangebot finden. Trotz der insgesamt positiven Bilanz darf nicht übersehen werden, daß innerhalb der Gärten keine der genannten Arten brüten.
 
Gebietskarte, 90 kByte
 

Methode

Die Brutvogelerfassung erfolgte als Revierkartierung. In den Jahren 1991, 1992 sowie 1997, 1998 wurde eine komplette Erfassung angestrebt. Um den Erfassungsaufwand zu optimieren, wurden in den dazwischen liegenden Jahren vor allem typische Vertreter der Feuchtgebiete und der offenen Kulturlandschaft kartiert, um ggf. deren Verdrängung infolge Zersiedlung ihres Bruthabitats und Störung durch Freizeitaktivitäten zu dokumentieren (in der Tabelle grün markiert). Aus diesem Grund wurde überwiegend der Teil der Anlage erfaßt, der sich vom Gewässerrand bis zur Straße erstreckt. Alle untenstehenden Zahlen beziehen sich einheitlich auf dieses 54,3 Hektar große Gebiet. Der ausgesparte Teil von 7,2 ha ist von umgebenden Wald und der Bebauung entlang der Straße geprägt, wodurch von vornherein ein anderer Charakter gegeben ist. Nicht ausgefüllte Tabellenfelder besagen nichts über das Vorkommen der Art, es sind lediglich keine zuverlässigen Angaben vorhanden.
Zur Zählung der Meisen, Grünfinken und anderer Kulturfolger werden seit 1998 die Kleingärtner einbezogen, welche auf vorbereiteten Formblättern die Belegung ihrer Nistkästen sowie weitere Neststandorte melden. Bestimmungshilfen mit farbigen Abbildungen sind während der Brutsaison in den Schaukästen platziert. Allerdings gingen nur spärlich Meldungen ein, weshalb keine Angaben zu Kohl- und Blaumeisen gemacht wurden. Die Revierzahlen dieser häufigen Arten sollen 1999 ergänzt werden.

Beispielkarte 1998 (Nachtigall, Gelbspötter, Gartengrasmücke), 58 kByte
 

Revierzahlen der Brutvögel von 1990 bis 2004
 
grau Rückgang der Art
rot Vorkommen erloschen
rote Schrift Rote-Liste-Art (BRD)
grün Art mit Indikatorfunktion
gelb deutlicher Zuwachs der Art
 
Art 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 max. Rev. max. Rev./ 10 ha 
Haubentaucher . 2 2 1 . 1 1 1 1 2 5 6 5 7 5 7 1,3
Höckerschwan . 3 . . . 1 0 0 0 3 1 0 2 0 0 3 0,6
Stockente . 12 8 . . . . 3 4 . 5 7 9 16 8 16 2,2
Rohrweihe . . . . . . . . . 1 . 0 0 0 0 1 0,2
Fasan 5 5 5 . 4 3 3 3 2 2 3 2 1 3 2 5 0,9
Bleßralle . 8 . . . 8 9 9 13 14 15 10 9 14 11 15 2,8
Ringeltaube 2 7 4 . . . . . 6 . . 12 7 12 12 12 2,2
Kuckuck 2 2 2 . 2 2 . . 2 2 . 2 2 3 3 3 0,6
Eisvogel 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 2 2 2 2 0,4
Grünspecht 1 2 1 1 1 1 1 1 2 1 1 2 1 2 2 2 0,4
Buntspecht . 2 . . . 1 . 1 . . . 2 1 0 2 2 0,4
Feldlerche 2 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 2 0,4
Mehlschwalbe . 0 . . . . . . . 1 . 0 0 0 0 1 0,2
Bachstelze häufig 10 9 . . . . 8 14 . . 2 2 3 1 14 2,6
Zaunkönig . 1 . . . . . 4 5 4 8 14 12 8 13 14 2,6
Heckenbraunelle . 0 1 . 4 2 1 1 2 . 2 1 8 7 17 17 3,1
Rotkehlchen . 0 0 . . . . 1 1 . . 1 1 1 2 2 0,4
Nachtigall 2 5 4 . 2 7 8 8 13 16 13 18 14 15 18 18 3,3
Hausrotschwanz . 8 7 . . . . . 18 . . 18 10 13 12 18 3,3
Gartenrotschwanz . 6 1 . . . . 4 2 . . 7 7 5 8 8 1,5
Braunkehlchen . 0 1 . . 1 . . 0 . . 0 0 0 0 1 0,2
Steinschmätzer 1 1 0 . . . . . 0 . . 0 0 0 0 1 0,2
Amsel 5 9 9 . . . . 17 18 . . 31 29 41 42 42 7,7
Singdrossel 0 0 0 0 0 0 0 0 0 0 1 1 0 1 1 1 0,2
Feldschwirl 3 3 3 3 2 2 2 2 1 1 2 0 0 1 0 3 0,6
Sumpfrohrsänger 5 12 11 10 12 24 18 16 16 16 17 12 13 7 11 24 4,4
Teichrohrsänger 6 14 12 10 24 26 26 30 32 29 29 28 36 36 29 36 6,6
Drosselrohrsänger 1 1 1 1 3 3 3 2 2 2 4 1 0 3 5 5 0,9
Gelbspötter 1 1 1 . 5 8 14 12 11 6 11 8 7 15 12 15 2,8
Klappergrasmücke 2 2 1 . . . . . . 3 . 13 4 7 6 13 2,4
Dorngrasmücke 5 2 4 3 4 9 7 5 7 4 8 5 2 0 1 9 1,7
Gartengrasmücke 1 0 6 . 17 21 13 22 23 18 19 23 20 23 25 25 4,6
Mönchsgrasmücke . 3 5 . . . . 8 7 12 . 20 14 18 16 20 3,7
Zilpzalp häufig 14 3 . . 7 13 15 11 16 . 26 17 25 28 28 5,2
Fitis 2 6 5 . . . . 5 9 . . 8 6 3 7 9 1,7
Grauschnäpper . 0 . . . 1 . 1 0 . . 0 0 0 0 1 0,2
Trauerschnäpper . 2 2 . . . . 1 6 . . 5 2 1 4 6 1,1
Schwanzmeise 1 3 . . 1 1 2 . 0 2 . 3 0 0 3 3 0,6
Sumpfmeise . 0 . . . 1 . 2 0 . . 0 0 0 0 2 0,4
Weidenmeise 1 1 . . . . . . 1 . . 0 0 1 0 1 0,2
Blaumeise . 7 6 . . . . . . . . 31 25 34 33 34 6,3
Kohlmeise . 15 14 . . . . . . . . 36 18 48 42 48 8,8
Kleiber . . . . . . . 0 . . . 0 0 0 0 1?  
Gartenbaumläufer . 0 . . . . . 1 0 . . 1 0 0 0 1 0,2
Beutelmeise . 0 . . 1 1 2 1 1 1 1 0 0 0 0 2 0,4
Pirol . . . . . . . . . 1 0 0 1 0 0 1 0,2
Neuntöter . 0 . . 1 . 1 1 0 1 1 2 1 0 0 2 0,4
Eichelhäher                       2 1 0 1 2 0,4
Elster 2 4 4 . . . . 2 2 . . 7 5 4 5 7 1,3
Nebelkrähe 5 12 10 . . . . . 6 . . 9 8 10 10 12 2,2
Star 40 36 45 . . . . . 40 . . 22 . 24 26 45 8,3
Haussperling . 11 8 . . . . . 4 . . 24 >12 10 10 24 4,4
Feldsperling . 2 3 . . . . 6 8 . . 12 10 19 22 22 4,1
Buchfink 2 9 7 . . . . 9 12 . . 10 5 7 9 12 2,2
Girlitz 2 3 4 . . . . 20 23 . . 20 13 6 12 23 4,2
Grünfink . 25 18 . .. . . . 40 . . 52 36 58 63 63 11,6
Stieglitz 9 9 6 . . . . 10 7 . . 11 4 4 4 11 2,0
Bluthänfling . 2 3 1 4 7 7 9 8 5 8 8 8 7 6 9 1,7
Kernbeißer . . . . . . . . . 1 2 2 2 2 1 2 0,4
Rohrammer 5 17 11 . . 17 18 16 13 13 16 14 12 20 15 18 3,3
 

Gründe für den fehlenden Einzug vieler Freibrüter in die Gärten sind:

Maßnahmen der Kleingartenvereine (KGV) zum Schutz der Uferrandzonen

Einschränkung der Begehbarkeit durch

 
Nutzbarmachung der Maßnahmen der Wasser- und Schiffahrtsverwaltung (WSV) für naturschützerische Ziele der angrenzenden Kleingartenvereine
 
WSV-Maßnahme 1996 Wirtschaftliches Ziel der WSV Einwirkung der KGV Naturschützerisches Ziel
Errichtung von geschlossenen und lockeren Holzfpfahlreihen (Bild 2) parallel zum Ufer  Vorbeugen der Ufererosion, Schutz vor Wellenschlag Abbruch der begonnenen Verfüllung  Schaffung von Lebensräumen (Schilf- und Stillwassergebiete), Verringerung der Störungen durch Sportboote
Zurückschneiden von Bäumen zur Freihaltung von Schiffahrtszeichen Gewährleistung der Sicherheit der Schiffahrt Liegenlassen des Baumschnitts Nistplätze und Verstecke für Tiere, Verstärkung der Reisigbarrieren zur Abgrenzung sensibler Ufergebiete
 

Schlußfolgerungen

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